Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat den Antrag zur Förderung des interdisziplinären Projektes „Wesersandstein als globales Kulturgut – Innovation in der Bauwirtschaft und deren weltweite Verbreitung in vorindustrieller Zeit (16.-19. Jahrhundert)“ unter Federführung von Prof. Dr. Eva-Maria Seng, Lehrstuhl für Materielles und Immaterielles Kulturerbe an der Universität Paderborn, in Höhe von rund 1.135.000 Euro bewilligt.
Damit gehört das Projekt im Rahmen der Förderrichtlinie „Die Sprache der Objekte – Materielle Kultur im Kontext gesellschaftlicher Entwicklungen“ zu den zwölf als förderungswürdig anerkannten Vorhaben, von denen bislang lediglich vier gefördert werden. Die auf drei Jahre angelegte Maßnahme wird in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Frank Göttmann, Lehrstuhl für Geschichte der Frühen Neuzeit, und Prof. Dr. Reinhard Keil, Lehrstuhl für Kontextuelle Informatik, beide Universität Paderborn, sowie Dr.-Ing. Marc Grellert vom Fachgebiet Informations- und Kommunikationstechnologie in der Architektur an der TU Darmstadt durchgeführt.
Den Ausgangspunkt für die Untersuchungen materiell-technischer, handels- und betriebswirtschaftlicher sowie kultureller Prozesse bildet der Fund eines vorgefertigten Bausatzes aus 137 Einzelteilen für ein Portal aus Wesersandstein im Wrack des 1629 gesunkenen Handelsschiffes Batavia vor der westaustralischen Küste im Jahr 1976. Das entdeckte Portal war von der VOC Amsterdam in Auftrag gegeben worden und für die niederländische Zitadelle in Batavia, dem heutigen Djakarta, bestimmt. Darüber hinaus wurden beispielsweise zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert das Königliche Palais in Amsterdam, das Theater und die Frauenkirche in Antwerpen sowie der Sockel der Freiheitsstatue in New York und das Weiße Haus in Washington aus Wesersandstein erbaut. Mit der Erforschung der Präfabrikation von Bauten, weltweitem Transport, Export und Kulturtransfer lange vor der Industrialisierung betritt das Projekt Neuland.
Das Forschungsvorhaben will sowohl im geistes- und kulturwissenschaftlichen Bereich unterschiedliche Perspektiven, die bisher gesondert untersucht worden sind, interdisziplinär miteinander verbinden (Kunst-, Architektur- und Wirtschaftsgeschichte) als auch durch die Einbeziehung der kontextuellen Informatik und der CAD-basierten Computersimulation der Architekten diesen Ansatz allererst verwirklichen. Insgesamt geht das Vorhaben weit über die reine Visualisierung von Bauwerken hinaus und soll Forschungstools und Forschungsmethoden paradigmatisch entwickeln sowie Impulse für andere Forschungsaufgaben geben.
Es ist geplant, die Forschungsergebnisse am Ende der Projektlaufzeit auf verschiedenen Wegen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Dazu gehören nicht nur die Durchführung eines internationalen Kongresses und die Publikation der Kongressakten, sondern auch die Modellierung eines interaktiven Forschungsforums. Auf diesem sollen die erforschten Objekte und Dinge wie Steine und deren Form, Maß und Oberfläche, die Architektur- und Werkzeichnungen, Erkenntnisse zur Finanzierung der Bauten, zu den Akteuren, der logistischen Durchführung und Abwicklung sowie die erstellten Bauten selbst und deren Stilmerkmale dokumentiert und präsentiert werden.