Vor­trag "Weib­liche Bildung­swege in der Frühen Neuzeit" am 23. Ok­to­ber

Im Rahmen des Seminars "Die Geschichte der Geschlechterbildung" von Prof. Barbara Rendtorff und Dr. Claudia Mahs findet am 23.10.2012 um 16.15 Uhr im Hörsaal H6 ein Vortrag von Prof. Ulrike Gleixner (Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel) zum Thema "Weibliche Bildungswege in der Frühen Neuzeit" statt.

"Weibliche Bildungswege in der Frühen Neuzeit": Bildungswege sind in der Frühen Neuzeit nicht nur vom Geschlecht, sondern in hohem Maße auch vom gesellschaftlichen Stand und familialen Hintergrund abhängig. Die Wege zur individuellen Bildung gestalten sich vielfältig und sind nicht exklusiv institutionsgebunden. Im städtischen Handwerkermilieu etwa gehörten Lesen und Rechnen für beide Geschlechter zu den Basiskompetenzen. Der Buchbesitz in der bäuerlichen Bevölkerung zeigt, dass religiöse Literatur und ihre eigenständige Rezeption auf dem Land verbreitet waren. Im Bürgertum erwarben Frauen einen vergleichsweise hohen Bildungsgrad, selbst wenn sie vom Besuch akademischer Bildungsinstitutionen ausgeschlossen blieben. Klöster waren immer Orte intensiver Mädchen- und Frauenbildung. Frauen adeligen und vor allem Frauen fürstlichen Standes erhielten in der Regel eine umfassende Bildung, auf Grund derer sie sich häufig zu Dichterinnen, Übersetzerinnen sowie Mäzeninnen von Kunst und Literatur entwickelten.

Zwar blieb den Frauen die Universität verschlossen, doch über die Praxis des Lesens und Selbststudiums bauten sie ihre Bildung im Sinne eines lebenslangen Lernens aus. Mit dem am Ende der Frühen Neuzeit entstehenden Diskurs einer biologistisch verankerten Geschlechterpolarität wurden die Bildungswege für Frauen schließlich im 19. Jahrhundert schmaler und schwieriger. Eine insgesamt stärker institutionalisierte Bildung sorgte zudem für den Wegfall häuslicher Bildungsmöglichkeiten, die für den Bildungsweg von Frauen von zentraler Bedeutung gewesen war.
 

Dr. Claudia Mahs
Zentrum für Geschlechterstudien/ Gender Studies
http://upb.de/zentrum-gender
Universität Paderborn
Tel.: 05251/602730

Abbildung: Prof. Ulrike Gleixner
Abbildung: Prof. Ulrike Gleixner