Si­lo­ge­spräch am 24. Juni: Thomas Brandt, Düs­sel­dorf, über "Das Gedächt­nis der Dinge"

Silo des Faches Kunst, 18-20 Uhr, 24. Juni

"Das Gedächtnis der Dinge" ist eine Sammlung von Fotografien und Texten, an der fast 80 Personen unterschiedlichen Alters und Berufes mitgearbeitet haben. Viele der Autorinnen und Autoren stammen aus dem Umfeld von Thomas Brandt und sind in kreativen Berufen bzw. in Kunstkontexten aktiv.

Thomas Brandt hat sie gebeten, Geschichten zu erzählen, die sie mit Dingen aus ihrer persönlichen Lebensumgebung verbinden. Viele haben in Form eigener Texte geantwortet, einige das Angebot angenommen, ihre Geschichten von ihm aufschreiben zu lassen. Dabei geht es um Dinge mit verborgenem Sinn. Sie dienen als "Platzhalter" für Erinnerungen an Begegnungen, Ereignisse und Erlebnisse, die für den Verlauf eines Lebens wichtig waren oder es noch sind. Sie sind Auslöser von Handlung bzw. treiben sie voran, verweisen auf zeitgeschichtliche Ereignisse oder auf Geschehnisse in der Biographie der Autoren. Einige Dinge sind Anlass für philosophische Erörterungen oder auch Auslöser für fiktive Erzählungen. Der Kern der Geschichten jedoch sind die Dinge nicht. Die Essenz des Erzählten ist dinglich nicht festzumachen. Letztendlich geht es darum, Kräfte zu schildern, die das Leben vorantreiben, es formen oder deformieren.

Das daraus entstandene Buch ist einerseits ein Bildband, der ohne Textbezug für sich bestehen kann. Die Fotografien der Objekte zeigen ihr materielles Dasein, wie es für jeden Betrachter wahrzunehmen ist. Die Sorgfalt, mit der sie fotografisch präsentiert werden, mit all ihren sinnlichen Qualitäten von Oberflächenstruktur und Farbigkeit, unterstreicht ihre Würde und die Ausdruckskraft ihrer Gestalt. Andererseits ist das Buch aber auch ein Erzählband, der auch ohne die Ding-Fotografien auskommen könnte. Die Fotografien illustrieren die Geschichten nicht, die wiederum auch die Fotografien nicht erklären – beide Ebenen treten autonom nebeneinander.

"Das Gedächtnis der Dinge" steht in direkter Beziehung zu einem fünf Jahre zuvor von Thomas Brandt beendeten Buchprojekt "Erste Bilder – ein Lesebuch über frühe Bilderlebnisse". Hierbei wurde eine ähnliche Anzahl an Menschen gebeten, nach einem Bild zu forschen, das sie in ihrer Kindheit nachhaltig beeindruckt hatte, wobei nicht in erster Linie an Kunstwerke, sondern Fotografien, Buchillustrationen, Comics, Werbefiguren usw. gedacht war. Auch dort wurde danach gefragt, ob es zu einem erinnerten Bild eine interessante Geschichte gebe, die es zu erzählen lohne.

Thomas Brandt, geboren 1954, aufgewachsen in Bremen, Freiburg i. Brsg. und Aachen. Studium der Kunsterziehung und Kunstwissenschaft an der Düsseldorfer Kunstakademie mit Abschluss Zweites Staatsexamen. Zunächst als Lehrer tätig, anschließend arbeitete Thomas Brandt als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf. Ab 1988 baute er das "Kulturforum Alte Post" in Neuss auf, ein kommunales kulturelles Zentrum mit einer Städtischen Galerie, einer Bühne und einer Kunst- und Theaterschule, das er auch leitete. Seit 2007 ist Thomas Brandt freischaffend als Autor, Künstler und Kunstvermittler in Düsseldorf tätig.

Das Projekt von Thomas Brandt ist eingebunden in das Seminar "Small Worlds- Künstlerische, literarische und alltägliche Spurensuche nach dem Kleinen", das Prof. Dr. Sabiene Autsch (Kunst/Kunstgeschichte) und Prof. Dr. Claudia Öhlschläger (Literaturwissenschaft/Komparatistik) im Sommersemester 2014 als interdisziplinäre Veranstaltung anbieten.

Interessierte sind ganz herzlich eingeladen!
 

Kontakt:
Prof. Dr. Sabiene Autsch (Kunst/Kunstgeschichte)
Kulturwissenschaftliche Fakultät
Fach Kunst, Universität Paderborn
Warburger Str. 100
33098 Paderborn
sabiene.autsch@upb.de