Leit­fra­gen an die nordrhein-west­fäl­is­che Landes­reg­ier­ung zur ge­planten Hoch­schul­ge­set­znov­elle

Medieninfo der Landesrektorenkonferenz der Universitäten in NRW, Dortmund, 30. November 2012

Präambel: Die von der Landesregierung vorgelegten Eckpunkte zum Entwurf eines Hochschulzukunftsgesetzes basieren auf einer Reihe von Hypothesen und Prämissen, die von den nordrhein-westfälischen Universitäten nicht geteilt werden.

Die Hochschulen des Landes haben sich unter dem bestehenden Hochschulgesetz belegbar positiv entwickelt und ihre Wettbewerbsfähigkeit nachweislich gesteigert. Zum einen bewältigen die Universitäten die enormen Herausforderungen, die mit dem „Studierendenansturm“ verbunden sind, hervorragend. Momentan sind mehr als 630.000 Studierende an NRW-Hochschulen eingeschrieben – das ist ein Drittel mehr als im Jahr 2006. Trotz der enorm gestiegenen Belastung hat sich im Zeitraum von 2006-2011 die Zahl der Universitätsabsolventen um fast 50 Prozent erhöht. Dass die Universitäten gut auf den anstehenden doppelten Abiturjahrgang vorbereitet sind, hat nicht zuletzt die Landesregierung immer wieder herausgestellt. Zum anderen erhöhten die Universitäten ihre Forschungsleistung und -stärke erheblich, sodass allein ihre Drittmitteleinnahmen im Zeitraum von 2006-2010 um mehr als 30 Prozent (ohne Humanmedizin/ Gesundheitswissenschaften um fast 60 Prozent) gestiegen sind.

Dies belegt, dass die NRW-Hochschulen ihren gesellschaftlichen Auftrag erfüllen und eine substantielle Veränderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen kontraproduktiv wäre.

Da in der öffentlichen Vorstellung der Eckpunkte bei den Universitäten und den Medien vielfach der Eindruck erweckt wurde, dass der Verdacht bestehe, die Hochschulen arbeiteten nicht hinreichend transparent, verausgabten die ihnen anvertrauten Steuergelder nicht sachgerecht und würden ihrer gesellschaftlichen Verantwortung nur unzureichend nachkommen, bitten die Universitäten die Landesregierung um die Beantwortung folgender Fragen:

Leitfragen

Im Eckpunktepapier wird festgehalten, dass es die ethische Verantwortung der Hochschulen ist, zentrale Beiträge zu umfassenden technologischen und sozialen Innovationen zu liefern und dabei ökologische, ökonomische und soziale Folgen zu berücksichtigen.

Kommen die NRW-Hochschulen ihrer ethischen und gesellschaftlichen Verantwortung nicht nach? In welchen Bereichen ist dies aus Sicht der Ministerin gegebenenfalls der Fall?

Ferner mahnt die Wissenschaftsministerin Transparenz in der Wirtschaftsführung der Universitäten an und warnt vor einem „Blindflug bei der Mittelverwendung“. Jedoch haben die Hochschulen bereits 2002 Kosten- und Leistungsrechnungen eingeführt, mit denen sie dem Ministerium umfassend Einblick in ihre Mittelverwendung geben.

Darüber hinaus bestehen umfangreiche Berichtspflichten und der Landesrechnungshof prüft die Wirtschaftsführung der Hochschulen regelmäßig.

Hat das bestehende Hochschulgesetz zu einem „Blindflug bei der Mittelverwendung“ geführt? Falls dies bejaht werden sollte: An welchen Stellen lässt sich dies belegen? Kommen die Hochschulen ihrer Pflicht einer transparenten Wirtschaftsführung nicht nach?

Um künftig strategische Planungen für die Hochschulen aufstellen zu können, beabsichtigt die Landesregierung verbindliche Landeshochschulentwicklungspläne einzuführen. Doch verfügt das Land mit dem Instrument der Ziel- und Leistungsvereinbarungen bereits im aktuellen Hochschulgesetz über die Möglichkeit, jederzeit landesplanerische Aspekte in den Prozess der Hochschulentwicklung einfließen zu lassen. Diese können vom Land auch als Ultima Ratio auf dem Erlassweg durchgesetzt werden.

Warum wird eine Ausweitung der gesetzlich bereits vorgesehenen Steuerungsmechanismen des Landes benötigt? In welcher Weise haben die von Land und Hochschulen unterzeichneten Zielvereinbarungen zu „Fehlentwicklungen“ geführt? Welche konkreten Punkte sollen in den verbindlichen Landeshochschulentwicklungsplan aufgenommen werden?

Das Eckpunktepapier verlangt von den Universitäten Transparenz und Effizienz in der Erfüllung ihrer Aufgaben. In Übereinstimmung damit fordert die Wissenschaftsministerin mit Blick auf die interne Hochschulverfassung, dass Verantwortung zurechenbar sein muss.

Fehlt in der bisherigen Hochschulverfassung eine klare Zuweisung von Verantwortung, die Effizienz und Transparenz behindert? Inwiefern wird die Zurechnung von Verantwortung befördert, indem bestehende beratende Organe ausgebaut und zusätzlich neue Gremien mit reiner Beratungsfunktion geschaffen werden?

Die Wissenschaftsministerin hat in der öffentlichen Vorstellung der Eckpunkte darum geworben, die Weiterentwicklung des Hochschulrechtes in NRW nun ideologiefrei zu diskutieren. Die NRW-Universitäten werden sich auch weiterhin aktiv an einem ergebnisoffenen Dialogprozess beteiligen und bitten dazu um die Beantwortung dieses Fragenkatalogs.
 

gez.die Rektorinnen, Rektoren und Präsidenten
der nordrhein-westfälischen Universitäten
 

Kontakt:

Dr. Roman Walega
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