„Unternehmensverantwortung in Lieferketten“ – das war das Thema des ersten öffentlichen Forums Wirtschaftsethik Anfang Juli im Auditorium maximum der Theologischen Fakultät Paderborn. Expert*innen aus Wirtschaft und Wissenschaft diskutierten über wirtschaftsethische Fragestellungen und sprachen dabei aktuelle Missstände wie Kinderarbeit, Umweltschäden sowie die Verletzung von Grundrechten bei Arbeitnehmer*innen an.
Prof. Dr. Wolfgang Thönissen, Rektor der Theologischen Fakultät, betonte in seiner Begrüßung, dass es wichtig sei, Raum für öffentliche Diskussionen zu bieten. Das Forum Wirtschaftsethik würde daran anknüpfen und durch den Austausch zwischen u. a. Theolog*innen, Wirtschaftswissenschaftler*innen, Philosoph*innen und Studierenden verschiedene Perspektiven abbilden. Im Anschluss sprach Michael Dreier, Bürgermeister der Stadt Paderborn, über das Ziel, das Bewusstsein der Bevölkerung für fair gehandelte Produkte zu erhöhen und Paderborn als „Fair-Trade“-Stadt zu positionieren. Prof. Dr. René Fahr, Vizepräsident für Wissens- und Technologietransfer der Universität Paderborn, begrüßte die Teilnehmer*innen zunächst im Namen der Universität und lobte die nun schon 40-jährige Kooperation der Universität mit der Theologischen Fakultät Paderborn, die sich seit 2013 mit der Einbeziehung der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät dem Thema Wirtschaftsethik widmet. Als Mitorganisator freute sich Fahr, dass die erfolgreiche Ringvorlesungsreihe in dem Forum Wirtschaftsethik eine Fortsetzung findet.
Prof. Dr. Günter Wilhelms, Lehrstuhl für Christliche Gesellschaftslehre, führte in die Thematik ein. Laut Wilhelms habe sich im Rahmen der Globalisierung die menschliche Verantwortung ausgebreitet und gleichzeitig verflüchtigt, sodass sie nicht mehr greifbar sei. In einem Impulsvortrag ging Prof. Dr. Nick Lin-Hi von der Universität Vechta auf die Unternehmensverantwortung in Lieferketten am Beispiel der globalen Textilindustrie ein. Dabei forderte er u. a. transparente Lieferketten und nahm die Konsument*innen in die Verantwortung, die bestimmen würden, welche Produkte am Markt angeboten und unter welchen Bedingungen diese produziert werden.
Gesetzliche Grundlagen schaffen für mehr Nachhaltigkeit
An der Podiumsdiskussion nahmen teil: Kerstin Haarmann, cum ratione. Gesellschaft für Aufklärung und Technik GmbH, Nico Kemmler, Textilkontor Walter Seidensticker, Ansgar Lohmann, KiK Textilien und Non-Food GmbH, Jan-Christian Niebank, Deutsches Institut für Menschenrechte, und Prof. Dr. Nick Lin-Hi, Professor für Wirtschaft und Ethik der Universität Vechta. Haarmann machte deutlich, dass nachhaltige Kleidung stärker in der Gesellschaft positioniert werden müsse, so wäre es in Paderborn kaum möglich nachhaltig produzierte Textilien zu kaufen. Als Maßnahme, um Nachhaltigkeit zu steigern, schlug sie die Einführung eines Lieferkettengesetzes vor. Daran schlossen Kemmler und Lohmann an, die bekräftigten, dass es sich um ein globales Problem handele, weswegen ein länderübergreifendes Gesetz notwendig sei. Beide betonten auch, dass eine gesetzliche Regelung die Unternehmen in die Pflicht nehmen würde, die sich bisher nicht im Textilbündnis engagieren. Während die Vertreter aus der Wirtschaft betonten, dass hohe Standards in der Lieferkette, insbesondere hohe Umweltstandards, für die Unternehmen teuer sind und Produkte teurer machen, konterte Lin-Hi, dass sich das mittelfristig rechnen würde. Niebank betonte, dass schon jetzt eine verbindliche Ausgestaltung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten in Handelsabkommen berücksichtigt werden sollte. Zudem betonte Niebank mit Kemmler, dass die öffentliche Hand schon jetzt verantwortlich produzierte Textilien in der öffentlichen Beschaffung bevorzugen sollte. Die Moderatorin Brigitte Büscher sorgte dafür, dass auch „harte“ Fragen der über 100 Gäste, „fair“ an die Podiumsteilnehmer*innen gestellt wurden.