Universität Paderborn beteiligt sich am Aufbau der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur
In der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz (GWK) haben Bund und Länder am 26. Juni die Förderung des Aufbaus einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) beschlossen. Mithilfe der NFDI, die bis 2028 mit bis zu 90 Millionen Euro pro Jahr gefördert wird, sollen Datenbestände aus Wissenschaft und Forschung systematisch erschlossen und nachhaltig in einem vernetzten Wissensspeicher gesichert sowie nutzbar gemacht werden. Neun Konsortien wurden hierfür auf Grundlage einer Förderempfehlung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) ausgewählt. Darunter ist auch das Konsortium für Forschungsdaten zu materiellen und immateriellen Kulturgütern „NFDI4Culture“, an dem das „Zentrum Musik – Edition – Medien“ (ZenMEM) der Universität Paderborn beteiligt ist.
Bislang existiert auf nationaler Ebene noch keine Struktur, die sich um eine nachhaltige Sicherung, Standardisierung und Bereitstellung von Forschungsdaten des kulturellen Erbes bemüht. Diese Lücke will NFDI4Culture schließen. Neben den Universitäten Paderborn, Köln, Marburg und Heidelberg gehören drei Infrastruktureinrichtungen (FIZ Karlsruhe, TIB Hannover, SLUB Dresden), die Stiftung Preußischer Kulturbesitz und die Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz zu den Trägerinstitutionen des Konsortiums. Gemeinsam adressieren sie die Bedarfe eines breiten Spektrums an Fachdisziplinen von der Architektur-, Kunst- und Musik- bis hin zur Theater-, Tanz-, Film- und Medienwissenschaft.
Daniel Röwenstrunk, Wirtschaftsinformatiker und Geschäftsführer des ZenMEM, ist gemeinsam mit der Universität Köln für den Aufgabenbereich „Research tools and data services“ verantwortlich: „Forschungswerkzeuge und Datenservices werden in den Digital Humanities nicht nur zur Erstellung, Erhebung, Analyse und Anreicherung von Daten genutzt, vielfach bleiben sie über den Projektkontext hinaus für die Visualisierung und die Vermittlung von Forschungsergebnissen von zentraler Bedeutung. Die nachhaltige Entwicklung von Software und der Aufbau von Strukturen, Software längerfristig pflegen und warten zu können ist genauso Bestandteil der NFDI wie der Aufbau eines Verzeichnisses relevanter Werkzeuge und Dienste für die vertretenen Wissenschaftsbereiche.“ Musikwissenschaftler Prof. Dr. Andreas Münzmay verantwortet zusammen mit der Universität Marburg den Bereich „Cultural Research Data Academy (DRDA) - Professionalisation, qualification and training“: „Digitale Daten zu materiellen und immateriellen Kulturgütern sind ein wesentlicher Bestandteil des täglichen Lebens, der Kommunikation und der kulturellen Erfahrung. Sie sind nicht nur für künftige Wissenschaftsgenerationen von großer Bedeutung, sondern bilden die Grundlage von beständigen Transferprozessen zwischen Forschenden, Kunstschaffenden, Kulturwirtschaft und Zivilgesellschaft.“
Vorbild Digital Humanities
Im ZenMEM, einer interdisziplinären Forschungseinrichtung, widmen sich Paderborner Wissenschaftler*innen schwerpunktmäßig der Digitalen Musikwissenschaft. Auf Grundlage der Digital Humanities, die einen der fünf Profilbereiche der Universität Paderborn darstellen, verfolgen die Wissenschaftler*innen hier das Ziel, geisteswissenschaftliche Forschungsfragen durch digitale Methoden zu beantworten. Dazu gehört insbesondere die digitale Verarbeitung von Texten, Notenmaterial, Abbildungen, Audio- und Videoaufnahmen sowie weiteren Quellen. Durch die Forschungsarbeit im ZenMEM haben Paderborner Forscher*innen somit bereits Datenstandards etabliert, die auf der Idee einer Nationalen Forschungsdateninfrastruktur basieren.
Vernetzung und Beteiligung fördern
Zu den im NFDI4Culture gesammelten Daten zählen sowohl 2D-Digitalisate von Gemälden, Photographien und Zeichnungen als auch digitale 3D-Modelle kulturhistorisch bedeutender Gebäude, Denkmäler oder audiovisuelle Daten von Musik-, Film und Bühnenaufführungen. Da kulturelle Forschungsdaten genau wie Kulturgüter selbst in komplexen rechtlichen und ethischen Zusammenhängen stehen, finden auch diese Aspekte im Vorhaben Beachtung. Darüber hinaus sollen sich neben den im Konsortium involvierten Fachdisziplinen auch Kunst- und Kulturschaffende unterschiedlichster Tätigkeitsbereiche und Vertreter der Zivilgesellschaft an den Forschungsdaten beteiligen können. „Für uns ist es von zentraler Bedeutung, die kontinuierliche Zusammenarbeit auf Augenhöhe, die bedarfsgerechte Ausrichtung aller Dienste und den regelmäßigen Transfer innovativer Forschungsmethoden und -ergebnisse in die Fächer, die NFDI, die Kulturpolitik, die Kulturwirtschaft und die interessierte Zivilgesellschaft voranzutreiben“, betonen die Verantwortlichen.