In­ter­sek­ti­o­na­li­tät

Intersektionalität beschreibt Lenz (2010) als ein „Bündel theoretischer Ansätze“, mit denen „das Wechselverhältnis von Geschlecht und weiteren sozialen Ungleichheiten“ (ebd.: 158) erfasst werden soll. Der Begriff der Intersektionalität wurde im Jahr 1989 von Kimberlé Crenshaw, einer afroamerikanischen Juristin, entwickelt, um die interdependenten Einflüsse verschiedener sozialer Ungleichheiten zu verdeutlichen (vgl. ebd.). Das Bild der intersection als Straßenkreuzung eignet sich dabei, um die „Verwobenheit und das Zusammenwirken verschiedener Differenzkategorien sowie unterschiedlicher Dimensionen sozialer Ungleichheit“ (Thiessen 2010: 41) aufzuzeigen. Während seit den 1970er Jahren zunächst Kategorien wie sex, class und race im Vordergrund standen, hat sich die Wahrnehmung von Unterschieden entlang dieser Ungleichheitsdimensionen mittlerweile erweitert (vgl. Lenz 2010: 158), so dass auch Kategorien wie desire, religion, disability und age in den Blick geraten sind, die immer weiter ausdifferenziert werden. Der Intersektionalitätsansatz hat dabei das Ziel, zu verdeutlichen, „dass sich Formen der Unterdrückung und Benachteiligung nicht additiv aneinander reihen lassen, sondern in ihren Verschränkungen und Wechselwirkungen zu betrachten sind“ (Küppers 2014: Absatz 1) und zum Teil Ungleichheiten auf unterschiedlichen Ebenen bedingen: Während Geschlecht etwa vor allem Verhältnisse im intimen Nahraum – etwa in der Familie – sowie auf Ebene der gesellschaftlichen Arbeitsteilung organisiert, bestimmt class die Arbeitsteilung innerhalb des Produktionsbereichs (vgl. Verloo 2006: 217, zit. nach Lenz 2010: 160). Eine grundlegende Frage ist, ob es sich bei den verschiedenen Kategorien eher um Strukturkategorien, wie etwa class und race handelt, oder vielmehr um Differenzkategorien, wie age und disability, die zu Benachteiligungen in unterschiedlichsten Zusammenhängen führen können. Dies würde eine unendliche Erweiterbarkeit der Kategorien bedingen. (Vgl. Lenz 2010: 159) Daher wird oftmals zwischen verschiedenen Analyseebenen differenziert, auf denen Intersektionalität untersucht werden kann (vgl. ausführlicher ebd.: 160ff.). Kritik wird insbesondere an der theoretischen Fundierung des Ansatzes geübt (Knapp 2005; 2017) oder auch an der verschiedenen Ansätzen und Ansprüchen (Zander 2017).

(Weiterführende) Literatur:

Knapp, Gudrun-Axeli (2005): Intersectionality - ein neues Paradigma feministischer Theorie? Zur transatlantischen Reise von "Race, Class, Gender". In: Feministische Studien, Jg. 23, Heft 1, S. 68-81.

Knapp, Gudrun-Axeli (2017): Intersektionalität und das Problem epistemischer Pfadabhängigkeit. In: Psychologie & Gesellschaftskritik, Jg. 41; Heft 2, S. 7-24.

Küppers, Carolin (2014): Intersektionalität. In: Gender Glossar/Gender Glossary. (5 Absätze). Verfügbar unter: gender-glossar.de (letzter Zugriff: 14.06.2015).

Lenz, Ilse (2010): Intersektionalität: Zum Wechselverhältnis von Geschlecht und sozialer Ungleichheit. In: Becker, Ruth/Kortendiek, Beate (Hg.): Handbuch Frauen- und Geschlechterforschung: Theorie, Methoden, Empirie. 3. erweiterte und durchgesehene Auflage. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaft, S. 158-165.

Thiessen, Barbara (2010): Feminismus: Differenzen und Kontroversen. In: Becker, Ruth/Kortendiek, Beate (Hrsg.) unter Mitarbeit von Budrich, Barbara/Lenz, Ilse/Metz-Göckel, Sigrid/Müller, Ursula/Schäfer, Sabine: Handbuch Frauen- und Geschlechterforschung: Theorie, Methoden, Empirie. 3. erweiterte und durchgesehene Auflage. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaft, S. 37-44.

Winker, Gabriele/Degele, Nina (2010): Intersektionalität. Zur Analyse sozialer Ungleichheiten. 2. unveränderte Auflage. Bielefeld: transcript.

Zander, Michael (2017): Was ist problematisch an Intersektionalität? In: Psychologie & Gesellschaftskritik, Jg. 41; Heft 2, S. 47-65.

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