»Doing Con­tem­po­ra­ry Li­te­ra­ture«

Praktiken, Wertungen und Automatismen in der Forschung zu Gegenwartsliteratur

Workshop am 20./21.Juli 2010 in Paderborn

Programm


 

Doktorand/inn/en-Workshop des GK Automatismen der Uni PB in Kooperation mit dem Göttinger Promotionskolleg "Wertung und Kanon" und der Münsteraner Graduate School "Practices of Literature". 

In den vergangenen ein, zwei Jahrzehnten ist die Hemmschwelle, sich innerhalb der Literaturwissenschaften mit neuesten literarischen Texten auseinanderzusetzen, auffällig gesunken. Das zeigt sich zum einen an dem festen Platz im Curriculum, den die Gegenwartsliteratur an vielen literaturwissenschaftlichen Instituten mittlerweile innehat, zum anderen an den anwachsenden Mengen von Forschungsarbeiten zu neuester Literatur und der Gründung entsprechender wissenschaftlicher Organe. Bislang zu kurz gekommen ist aber eine grundlegende und systematische Diskussion über den methodischen Umgang mit neuesten Texten. Meistens wird diesen Texten auf dieselbe Weise begegnet wie längst kanonisierten. Aber anders als bei Texten, von denen uns eine größere zeitliche Distanz trennt, ist der Status neuester Literatur noch völlig ungeklärt: Noch ist unentschieden, welche Texte auch in zehn, zwanzig oder fünfzig Jahren gelesen werden, welche Wertungen sie durchlaufen werden usw. Das gegenwartsliterarische Feld befindet sich ja stets in der Formierungsphase. 

Der Workshop will Doktorand/inn/en und Postdocs ansprechen, die zur Gegenwartsliteratur arbeiten und interessiert sind, gemeinsam methodische Zugänge zu Gegenwartsliteratur zu diskutieren. Wir wollen uns in einer Art Selbstbefragung mit unseren eigenen wissenschaftlichen Praktiken in der Forschung (und Lehre) befassen. Zu klären wird dabei sein, welcher Methoden und Begriffe wir uns bedienen, wie diese sich etabliert haben und welche Ergebnisse sie zeitigen. Welche Wertungen führen unsere Praktiken — vielleicht unreflektiert — mit? Wie verläuft beispielsweise die Auswahl der Texte, zu denen geforscht wird und die in die Seminarpläne aufgenommen werden? Mit welchen theoretischen Ansätzen wird vornehmlich gearbeitet und wie geht die Auswahl dieser Ansätze vonstatten? Inwieweit laufen all diese Prozesse automatisiert ab, ohne bewusste Steuerung der wissenschaftlich Arbeitenden?

Außerdem wollen wir darüber nachdenken, ob die wissenschaftliche Arbeit mit Gegenwartsliteratur nach Methoden verlangt, die neben dem konkreten Text auch dessen Produktions-, Distributions- und Rezeptionsbedingungen zu erfassen versuchen. Drängt nicht gerade der Umgang mit noch nicht kanonisierten Texten dazu, literarisches Handeln als soziales Handeln in institutionalisierten Rollen zu verstehen und entsprechend das gesamte literarische Feld, den Literaturbetrieb, in den Blick zu nehmen? Wie aber kann die literaturwissenschaftliche Praxis der Dynamik, die dieses Feld beherrscht, methodisch gerecht werden? 

Im Workshop soll die Reflexion der eigenen wissenschaftlichen Praktiken begleitet werden von einem gemeinsamen Nachdenken über mögliche neue Methoden bzw. Neukombinationen vorhandener Methoden, die wiederum die Praktiken innerhalb des literarischen Feldes, des Literaturbetriebs, zu reflektieren vermögen. Die Teilnehmer/innen werden gebeten, in kurzen Vorträgen aus ihrer eigenen wissenschaftlichen Praxis zu berichten und dabei zu zeigen, welcher vorhandener methodischer Ansätze er/sie sich bedient und inwiefern er/sie diese in der eigenen Arbeit reflektiert. Die Vorträge sollen vor allem dazu dienen, ein intensives »Werkstattgespräch« über eigene Erfahrungen in der wissenschaftlichen Praxis mit Gegenwartsliteratur und methodische Tücken zu eröffnen.

 

 

Mit einleitenden Vorträgen von Prof. Dr. Moritz Baßler (Uni Münster), Dr. Matthias Beilein (Uni Göttingen), Prof. Dr. Norbert Otto Eke (Uni Paderborn), Prof. Dr. Anne Fuchs (UC Dublin), Dr. Marie Antoinette Glaser, (ETH Zürich).