Qualifizierungskonzept der ersten Bewilligungsphase
Studienprogramm
Das Studienprogramm ist im Wesentlichen auf das Forschungsprogramm zugeschnitten, um den Kollegiat/innen eine aktive Beteiligung an den aktuellen Forschungsarbeiten zu ermöglichen. Ihre eigene Arbeit soll sich auf eine Auswahl aus den unter 3. formulierten Themenbereichen konzentrieren. Die Kollegiat/innen haben die Wahl, in welchem der Schwerpunktfelder sie ihr Promotionsstudium ablegen und von welcher/m Hochschullehrer/in sie sich betreuen lassen wollen. Das Graduiertenkolleg garantiert, dass in jedem Semester ein dem Ausbildungsstand der Kollegiat/innen angemessenes Veranstaltungsprogramm angeboten wird, das der Straffung der Ausbildung dient.
Es werden neue Betreuungsstrukturen angestrebt. Die Promotionsprojekte werden von Beginn an von jeweils zwei Betreuer/innen begleitet (Tandemkonzept); Ziel ist es, die Interdisziplinarität des Kollegs auch auf dieser Ebene zu gewährleisten, persönliche Abhängigkeiten zu vermeiden und auf diese Weise die wissenschaftliche Eigenständigkeit der Kollegiat/innen zu fördern. Gleichzeitig ist eine transparente und relativ strikte Erfolgskontrolle geplant.
Das auf einen Durchschnitt von vier bis sechs Semesterwochenstunden hin konzipierte Studium wird gestaffelt angelegt; im ersten Jahr werden sechs Semesterwochenstunden angesetzt, die sich bis zum dritten Jahr auf vier reduzieren. Die Antragsteller werden den Veranstaltungsplan gemeinsam mit den Kollegiaten dem aktuellen Bedarf anpassen; dasselbe gilt für die Dauer und den Zeitpunkt möglicher auswärtiger Forschungsaufenthalte und -reisen der Kollegiaten. Die Anlage des Gesamtstudiums wird in Eingangs-, Haupt- und Abschlussphase gegliedert. Es ist geplant, auf Basis des Graduiertenkollegs einen ebenfalls die Fakultäten übergreifenden Promotionsstudiengang an der Universität Paderborn zu entwickeln
Veranstaltungstypen, -inhalte und -zyklus
- Ringvorlesung. Erstes Element des Curriculums ist eine hochschulöffentliche Ringvorlesung, die 14-tägig stattfindet. Im ersten Jahr wird sie von den beteiligten Hochschullehrern bestritten; Thema der Ringvorlesung ist der Begriff der Automatismen selbst, der anhand konkreter Fragestellungen aus der Forschung in jeweils unterschiedlicher Weise beleuchtet wird. Ziel ist es, das Feld des Kollegs insgesamt zu konturieren, Unterschiede und Gemeinsamkeiten der beteiligten Fächer, Anschlusspunkte und Querbezüge, herauszuarbeiten.
Im zweiten Jahr werden die Kollegiat/innen selbst die Vorträge übernehmen. Hier geht es darum, die Kollegiaten anzuleiten, selbstständig Aspekte des Automatismen-Konzepts auszuarbeiten und das Auftreten innerhalb einer wissenschaftlichen Öffentlichkeit zu trainieren.
- Intensivseminar. Zweites Element des Studienprogramms ist ein Intensivseminar, das der thematischen Vertiefung der Kolleginhalte dient. Dieses Intensivseminar wird von den Kollegiaten selbst organisiert, die betreuenden Hochschullehrer treten hinzu; das Seminar findet 14-tägig statt und hat einen Umfang von 3 Stunden. Hier werden Grundlagentexte zum Forschungszusammenhang aufgearbeitet und Einzelaspekte in thematischen Blocks vertieft. Semesterweise werden hier Rahmenthemen vereinbart; für die ersten vier Semester werden dies sein:
- SS 08: Emergenz und evolutionäre Prozesse
- WS 08/09: Schemabildung, Stereotypen, Muster
- SS 09: Grenzen des Konzepts, Gegenthesen, Entautomatisierung
- WS 09/10: Systembegriff, Systementstehung, Systemerhalt
- Doktorandenkolloquium. Im Zentrum der Mitarbeit der Kollegiat/innen steht die aktive Teilnahme an den Doktorandenkolloquien, einer auf die Kollegiat/innen beschränkten Pflichtveranstaltung, die von allen beteiligten Hochschullehrern bestritten wird. Das Doktorandenkolloquium findet jeweils zum Semesterende statt; die Kollegiaten reichen Textproben aus ihrer laufenden Arbeit ein (jeweils 10-15 Seiten), die hier im Kreis der Kollegiat/innen und Hochschullehrer durchgesprochen werden. Ziel des Doktorandenkolloquiums ist es, die Projekte der Kollegiaten in dem Forschungszusammenhang des Kollegs zu verorten, Perspektiven zur Verfügung zu stellen, die über den Rahmen des Einzelprojekts hinausgehen und den Kollegiaten ergänzend zum individuellen Gespräch mit den Betreuern Feedback zu geben.
- ‚Übersetzungskurs’. Im Rahmen von Blockseminaren soll gezielt am Ausbau der gemeinsamen Terminologie gearbeitet werden. In der Vorbereitung des Kollegs hat sich gezeigt, dass relevante Einzel-Begriffe in den beteiligten Fächern durchaus unterschiedliche Bedeutungen haben; im ‚Übersetzungskurs’ wird es deshalb darum gehen, diese unterschiedlichen Begriffsverwendungen darzustellen und abzugleichen.
Klärungsbedürftige Begriffe sind z.B.:
- Selbstorganisation
- Kooperation
- Metrik, Parameter, Faktor
- Spiel
- Aushandeln
- Apparat, Technologien
Die Teilnahme an der Ringvorlesung, am Intensivseminar, am Doktorandenkolloquium und am Übersetzungskurs ist für die Kollegiatinnen und Kollegiaten verpflichtend. Hierdurch soll das Kolleg zusammenwachsen; die unterschiedliche fachliche Herkunft soll moderiert werden und die Kollegiaten sollen Grundkompetenzen in den anderen beteiligten Fächern erwerben.
- Gastvorträge. 14-tägig im Wechsel mit der Ringvorlesung wird eine Reihe von Gastvorträgen stattfinden. Die Möglichkeit, vor allem auch internationale Gastwissenschaftler zu Vortrag und Diskussion einzuladen, ist eine der großen Chancen, die ein Graduiertenkolleg bietet. Dies ist ein großer Gewinn für die Hochschule insgesamt; die Auswahl der Gastwissenschaftler sollen die Kollegiaten mitbestimmen; Vorstellung und Betreuung der Gäste sollen sie, angeleitet durch die Hochschullehrer, so weit wie möglich selbst übernehmen.
- Fachtagung. Einmal jährlich wird das Kolleg Gäste zu einer Fachtagung im thematischen Feld des Graduiertenkollegs einladen. Als Themen für die ersten drei dieser Fachtagungen sind vorgesehen:
- SS 08: Automatismen – Die Perspektive der Einzelwissenschaften.
- SS 09: Automatismen in Netzwerken und verteilten Systemen.
- SS 10: Zyklen der Strukturentstehung – Das Erbe der Kybernetik.
Ebenfalls einmal jährlich veranstalten die Kollegiat/innen einen selbst organisierten Workshop, zu dem sie eigene Gäste, vorzugsweise Nachwuchswissenschaftler/innen der gleichen Qualifikationsstufe, einladen.
- Die beteiligten Lehrenden werden einzelne ihrer Seminare speziell auf den thematischen Rahmen des Graduiertenkollegs ausrichten; Beispiele sind:
- Keil: Ko-aktive Wissensorganisation
- Keil / Krüger: Kooperation als Phänomen und Instrument in Wirtschaft und Technologie
- Karl: Automatismen in verteilten Systemen
- Bublitz: Sozial- und Selbsttechnologien - Automatismen der Vergesellschaftung des Individuums (Bourdieu-Beck)
- Bublitz: Selbstmanagement und Selbstvermarktung - neue Formen der
Selbstfindung/-verwirklichung.
- Brauerhoch: Avantgarde und Experiment: Planung und Zufall
- Brauerhoch: Kino als Ort nicht planbarer Prozesse
- Winkler: Ökonomische Modelle in der Medienwissenschaft
- Ecker: Die Gabe
Zur Ergänzung des Studienprogramms können die Kollegiaten Veranstaltungen aus dem normalen Lehrangebots wahrnehmen; hier werden pro Semester fakultätsübergreifend diejenigen Veranstaltungen zusammengestellt, die im thematischen Zusammenhang des Kollegs interessant sind; z. B.:
- Master-Modul Komparatistik: Intermedialität, Interkulturalität, Gender
- Master-Module ‚Mediale Kulturen’
- Vorlesung Spieltheorie
- Vorlesung Leistungsbewertung, Experimentplanung
Weitere Veranstaltungstypen, wie Kompakt- oder Blockseminare zu Einzelfragen sind möglich.
Phasen:
Um dem Fortschritt der Promotionsprojekte Rechnung zu tragen, wird die Anlage des Studienprogramms in eine Eingangs-, Haupt- und Abschlussphase gegliedert. Es werden jeweils drei Jahre für die Promotionsprojekte veranschlagt; an diesen ersten Zyklus schließt sich eine 4. Anschlussphase an (7.- 9. Sem. des Antrags), in denen neu hinzugekommene Projekte analog, aber ohne strenge Synchronisierung, betreut werden.
Eingangsphase (1. Semester, SS 08): Neben einer Einführungsveranstaltung, die eine erste Orientierung bietet und mit den Gegebenheiten der Hochschule vertraut macht, dient die Ringvorlesung als wichtige Orientierungshilfe. Hier stellen sich die Hochschullehrer der Universität Paderborn – vor allem die BetreuerInnen – mit ihrer jeweils spezifischen Sicht auf das Thema der Automatismen vor; die jeweiligen Fachperspektiven, Unterschiede, Anschlussmöglichkeiten und Zusammenhänge werden deutlich.
Im Intensivseminar steht die Entwicklung und Konkretisierung der Promotionsprojekte im Vordergrund; Abschlusspunkt ist die Vorlage eines ausgearbeiteten Konzepts, incl. Stand der Forschung und Arbeitsplan im Doktorandenkolloquium am Ende des Semesters. Gastwissenschaftler und Fachtagung werden sich zunächst auf das Rahmenthema konzentrieren.
Hauptphase (2. - 4. Semester WS 08/09 - WS 09/10): Die Hauptphase dient der inhaltlichen Ausarbeitung der Dissertationen; das Studienprogramm unterstützt dies durch das schrittweise Vorangehen im Intensivseminar; im Rahmen des normalen Lehrbetriebs werden weitere Lehrveranstaltungen gezielt auf Fragen des Graduiertenkollegs ausgerichtet. Gastwissenschaftler, Fachtagungen und Workshops sollen sich nun zunächst auf die Teilbereiche des Kollegs (3.2), und dann auf thematische Einzelkomplexe konzentrieren.
In der Hauptphase sollen den Kollegiaten Forschungsreisen und -aufenthalte, insbesondere auch im Ausland, ermöglicht werden. Hochschule und beteiligte Fakultäten verfügen hier über eine gute Infrastruktur, die Auslandskontakte der Hochschullehrer werden als Brücke für die Reisen der Kollegiaten fungieren. Wichtig ist weiter, dass die Kollegiaten auf Fachtagungen auftreten.
Abschlussphase des 1. Zyklus (5. - 6. Semester): Im dritten Studienjahr werden außer den obligatorischen Doktorandenkolloquien keine festen Termine mehr vorgegeben, um die Kollegiaten zu entlasten und ihnen den größtmöglichen Freiraum für die abschließende schriftliche Ausarbeitung ihrer Dissertation zu gewähren. Gleichwohl soll in der Endphase die fortgeschrittene Forschungskompetenz und wissenschaftsorganisatorische Befähigung in einem von den Kollegiaten mitorganisierten internationalen Symposion erprobt werden, das unter dem Thema des Kollegs steht. Die Abschlussphase ist so zu konzipieren, dass auch Kollegiat/innen, die durch Fluktuation neu hinzukommen, in den Diskussionszusammenhang einsteigen können.
Anschlussphase (7. - 9. Sem.): Die Konzeption der Anschlussphase wird im wesentlichen davon abhängen, wie viele der Kollegiat/innen mit Beginn des vierten Jahres neu beginnen. Da beabsichtigt ist, das Graduiertenkolleg fortzuführen und einen Anschlussantrag zu stellen, wird das Studienprogramm schrittweise auf Kontinuität und die Betreuung/Begleitung zunehmend asynchroner Projekte umgestellt werden. Die Konzeption der Anschlussphase soll die bis dahin gemachten Erfahrungen aufnehmen.
Gastwissenschaftlerprogramm
Die Möglichkeit, regelmäßig Gastwissenschaftler einzuladen, gehört zu den großen Vorteilen von Graduiertenkollegs. Gastwissenschaftler werden im Rahmen von Gastvorträgen, mehrtägigen Aufenthalten, Tagungen und Wordshops in das Studienprogramm einbezogen.
1. Gastvorträge: Es sind vier Gastvorträge pro Semester vorgesehen. Diese Gastvorträge sind öffentlich; die eingeladenen Gastwissenschaftler/innen sollen zusätzlich in den Intensivseminaren auftreten, damit die Kollegiat/innen die Möglichkeit haben, Sachfragen dort detaillierter zu diskutieren (eintägiger Aufenthalt).
2. Mehrtägige Aufenthalte von Gastwissenschaftlern erlauben eine vertiefte Auseinandersetzung; hier sind Workshops oder Intensivseminare denkbar.
3. Tagungen: Die jährlichen Tagungen des Kollegs bieten die Möglichkeit, ausgewählte Themen zur Diskussion zu stellen.
4. Workshops: Die von den Kollegiaten selbst organisierten Workshops, dienen dem intensiven Austausch zu einem selbstgewählten Thema.