Chris­ti­na Loui­se Stein­mann

Projektbeschreibung

Traumata und Wünsche - Medien als Ausdruck psychischer Prozesse 


In meinem Dissertationsprojekt im Fach Medienwissenschaft möchte ich zeigen, wie sich Traumata und Wünsche in Medien einschreiben und deren Entwicklung beeinflussen. Vorfindliche Medienstrukturen können auf psychische Automatismen befragt werden, die ihnen, meines Konzepts nach, als Resultat eines Prozesses zugrunde liegen: Traumata und Wünsche verlängern sich in mediale Apparaturen und Medienprodukte hinein. Sie finden sich in ihnen wieder und möglicherweise treiben sie auch die formale Entwicklung, eine Ausformung neuer Medien, voran.

Erste Ansätze, wie dieser Umschlag zu denken ist, liefert die Apparatustheorie. Sie erläutert die produktive Kraft von Wünschen anhand der filmischen Apparatur. Zuvor erfasste bereits Walter Benjamin Technik als „Zeugnis eines Kollektivtraums“. Auf Basis dieser Vorläufer und gleichsam um diese Ideen zu erweitern, suche ich nach Wünschen, die das Internet präfigurierten und beschreibe deren Formierung im heutigen Datenuniversum.

Der Schwerpunkt des Projekts liegt in der These, dass nicht nur Wünsche, sondern auch Traumata sich in Medien auswirken und diese prägen. Überraschenderweise können Analogien zwischen traumatischen und medialen Strukturen gezeigt werden; auf dieser Grundlage soll die Einschreibung psychischer Automatismen in Medien hier erstmals am Beispiel negativer Belastungen vorgeführt werden. Ich arbeite dabei mit einem schwachen Traumabegriff, der sich an schmerzlichen Erfahrungen, einem Einschnitt, der Veränderungen im psychischen Apparat hervorruft, orientiert. Meine Definition hierfür entnehme ich unter anderem den Arbeiten von Cathy Caruth.

Wie Traumata in Medien erscheinen, werde ich zunächst anhand von Comics, beziehungsweise Graphic Novels, erläutern. Hier wird das Potential der Medien im Umgang mit, oder zur Vermittlung von, Traumata erhellt. Dies gelingt meiner Ansicht nach besonders im Comic. Ich zeige, wie traumatische Strukturen sich in diesem Medium wiederfinden und dort hervortreten können.

Im Anschluss daran führe ich mein Konzept weiter, mit dem Ziel die Entwicklung medialer Apparaturen durch Traumata zu plausibilisieren. Modellhaft vereinfacht haben Traumata die Eigenschaft, dass sie zunächst verschwinden um dann an teils unvermuteter Stelle wieder hervorzutreten. Mithilfe dieser Vorstellung soll gezeigt werden, wie sich psychische Prozesse auch in die Technik der Medien hinein verlängern und diese formen.

Das Projekt wird betreut von Prof. Dr. Hartmut Winkler und Prof. Dr. Gisela Ecker.

 

Geb. 1980. Doktorandin der Medienwissenschaft im Paderborner Graduiertenkolleg Automatismen: Aufgrund der Direktpromotion nach dem BA-Abschluss zunächst als Qualifizierungsstipendiatin, seit Mai 2009 nun mit vollem Stipendium. Das Dissertationsprojekt soll zeigen, wie sich Traumata und Wünsche in Medien einschreiben und deren Entwicklung beeinflussen. Arbeitsgebiete: Medientheorie und -geschichte, Psychoanalyse.

  • Bublitz, Hannelore; Marek, Roman; Steinmann, Christina Louise; Winkler, Hartmut (Hrsg.): Automatismen. Paderborn: Wilhelm Fink Verlag, 2010. Darin der Beitrag zum Thesenbaukasten: Automatismen wirken bedrohlich - und faszinierend.
  • Steinmann, Christina Louise: Wilhelm Buschs Wunschtraum von der virtuellen Welt. In: Bierwirth, Maik; Leistert, Oliver; Wieser, Renate (Hrsg.): Ungeplante Strukturen. Tausch und Zirkulation. Paderborn: Wilhelm Fink Verlag, 2010.