Heterogene Widerstandskulturen: Sprachliche Praktiken des Sich-Widersetzens von 1933 bis 1945
In dem von der DFG geförderten Projekt wurde auf der Basis eines repräsentativen volltextdigitalisierten Korpus umfassend ermittelt, wie Sprache eingesetzt wird, um Widerstand auszuüben, welche Sprachgebrauchsmuster nachweisbar sind und welche Leistungen diese erbringen. Zentrale Dokumente des deutschen Widerstands zwischen 1933 und 1945 wurden, seien es öffentliche Dokumente wie Flugblätter oder Denkschriften, seien es private Dokumente wie Tagebuch- oder Haftaufzeichnungen, in sprachwissenschaftlichen Forschungen zum Nationalsozialismus trotz wiederholter Verweise auf ein entsprechendes Forschungsdesiderat bisher allenfalls punktuell untersucht. In das Projekt wurden dabei nicht nur bekannte Dokumente wie etwa die Flugblätter der Weißen Rose oder die Schriften des Kreisauer Kreises, sondern auch eher unbekannte Schriften und Verlautbarungen berücksichtigt und analysiert.
Bei dem Vorhaben wurde insbesondere die Heterogenität der Widerstandskommunikation systematisch berücksichtigt, die sich zum einen durch die Bindung an jeweils unterschiedliche soziale und/oder politische Milieus, zum anderen durch die je unterschiedliche Akteursposition und zum dritten durch eine jeweils unterschiedliche Auseinandersetzung mit dem NS-Machtapparat und der zunehmend integrierten Gesellschaft erklärt.
Die Untersuchung der Widerstandskommunikation trägt zwar somit den in der Zeitgeschichte ermittelten Ergebnissen Rechnung, zielt jedoch auf eine eigenständige sprachwissenschaftliche Profilierung der Widerstandsthematik ab und eröffnet folgende Perspektiven: Sie erlaubt, Widerstand nicht nur im Sinne einer Widerstandsaktivität, etwa gemäß der gängigen Unterteilung in einen aktiven und einen passiven Widerstand, zu verstehen, sondern ihn auch vom Sprachgebrauch her zu erschließen und Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu Mustern der öffentlichen Kommunikation des NS-Apparates und zum Sprachgebrauch der integrierten Gesellschaft nachzuweisen. Die mit dem Projekt verbundenen Untersuchungen der Indienstnahme vorgängiger Praktiken und dadurch vermittelter Diskurse zeigen einerseits die Traditionsbindung des widerständigen Sprachgebrauchs an, andererseits schärfen sie den Blick für eine Traditionsentbindung bzw. für die Veränderungen des Sprachgebrauchs unter den Bedingungen des Totalitarismus.
Ansprechpartner
Detailinformationen
Das Forschungsvorhaben hatte eine Laufzeit von 36 Monaten (01.04.2018-31.03.2021).
Die Projektleiterin war Prof. Dr. Britt-Marie Schuster.
Der Projektmitarbeiter*innen waren PD Dr. Nicole M. Wilk sowie PD Dr. Friedrich Markewitz.
Unterstützt wurde das Projektteam durch die studentischen Hilfkräfte: Alina Bindrim, Alena Bock, Lena Griffiths, Philipp Josef Hüttenbrink, Sarah Schröder und Dennis Urmanski.
Es bestand eine Projektkooperation mit dem Leibniz Institut der Deutschen Sprache (Projektleiterin an diesem Standort: Heidrun D. Kämper).
Weitere Informationen finden Sie in der Projektdatenbank.