“Von Serimunt zum Pontus“ – unter diesem Titel trägt Daniela Danz eine Auswahl ihrer Gedichte am 7. November vor. Die Autorin zählt zu den herausragenden Nachwuchstalenten der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur. Ihre Lesung findet ca. um 13 Uhr 30 im Rahmen der diesjährigen Regionalgeschichtstagung „Zwei Jahrzehnte Mauerfall – Spiegelungen in Gesellschaft und Kultur“ im Auditorium maximum der Universität Paderborn (9.00 bis 15 Uhr 30) statt.
Die vom Historischen Institut unter Federführung von Prof. Dr. Frank Göttmann und Prof. Dr. Eva-Maria Seng ausgerichtete Tagung setzt sich mit den Folgen des Mauerfalls aus historischer, statistischer und sozialpsychologischer Perspektive auseinander. Sie beginnt mit einem Vortrag von Prof. Dr. Peter Fäßler (Universität Paderborn) zum Thema „Als Ochs und Esel die SED-Herrschaft zu Fall brachten. Überlegungen zum Erfolg der Bürgerrechtsbewegung in der DDR 1989/90“, wird fortgesetzt mit einem Bericht von Michael Wahl (Statistikamt der Stadt Paderborn) zum „demographischen Einfluß der Wende auf die Bevölkerungsstruktur der Stadt Paderborn“ und eröffnet mit dem Vortrag des Mediziners und Psychologen Privatdozent Dr. Hendrik Berth (Technische Universität Dresden) über „20 Jahre Mauerfall aus sozialwissenschaftlicher Sicht. Ergebnisse aktueller Untersuchungen“ eine weitere Perspektive. Den Abschluss bildet die Lesung von Daniela Danz. Die interessierte Öffentlichkeit ist zur Veranstaltung herzlich eingeladen.
Daniela Danz wurde 1976 in Eisenach geboren. Nach ihrer Schulzeit in Sachsen-Anhalt studierte sie Kunstgeschichte und Germanistik in Tübingen, Prag, Berlin und zuletzt in Halle an der Saale, wo sie mit ihrem Mann bis heute lebt. Neben ihrer literarischen Tätigkeit arbeitet die Autorin an einer kunsthistorischen Dissertation zum Bautypus des Krankenhauses. Im Jahr 2004 debütierte sie mit dem Gedichtband „serimunt“, der im Wartburg Verlag Weimar erschien. Zwei Jahre später folgte der Roman „Türmer“ im Göttinger Wallstein Verlag. Furore machte insbesondere Danz’ dritte Publikation und zweiter Gedichtband „Pontus“, Wallstein Verlag 2009. Die Lyriksammlung wurde von der Kritik als formvollendet und meisterhaft gepriesen und verschaffte der Autorin überregionale sowie internationale Anerkennung.
Die angekündigte Lesung wird einen Bogen über das bisherige dichterische Werk der Autorin spannen. Dieser Brückenschlag ist als eine poetologische Metapher zu deuten. Serimunt hieß im Mittelalter eine Gaugrafschaft im heutigen Sachsen-Anhalt – jener Region, der sich Daniela Danz besonders verbunden fühlt. Pontus war der Name, den man in der Antike dem Schwarzen Meer mit seiner Küstenlandschaft gab. Literaturhistorisch bekannt ist diese Gegend als Ort der Verbannung für den römischen Dichter Ovid (43 v. Chr. – ca. 17 n. Chr.). Beide Landschaften grenzen einen für die Autorin bedeutsamen Raum ein, der sich von Ostdeutschland über Osteuropa auf Europa als Ganzes ausweitet und damit den politischen und mentalen europäischen Erweiterungsprozeß seit 1989 spiegelt. Er wurde und wird von der Autorin sowohl in ihren Werken als auch tatsächlich bereist und erkundet.
Ausgehend von jeweils peripheren Standpunkten, findet Danz’ Gegenwartsbestimmung im Zuge eines poetischen Erinnerungsaktes als Auseinandersetzung mit Geschichte und Tradition statt. Dies äußert sich nicht zuletzt in der Wiederaufnahme vergessener, hermetisch wirkender Namen oder im Zitieren literarischer Vorbilder. Ziel ist die Definierung einer poetischen Identität, räumlich vor dem Hintergrund europäischer Grenzverschiebungen und zeitlich als gegenwärtige Auseinandersetzung mit der wechselvollen Geschichte Europas. In diesem Sinne ist Danz’ Lyrik Arbeit am kulturellen Gedächtnis. Deutlich wird dabei die vermittelnde sowie sinngebende Funktion der Literatur und der literarischen Tradition: Neben Homer und Hölderlin gilt Danz’ Referenz insbesondere dem Schicksal und dem emblematischen Werk des römischen Dichters Ovid, in dem der Verbannte das menschliche Los beklagt, den launischen und gewaltigen Mächten der Geschichte ausgeliefert zu sein.
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